Geschichte der Potsdamer Orchesterwoche
In den Sommermonaten, wenn die großen Orchester ihre wohlverdienten Ferien genießen, treffen sich seit 40 Jahren in Potsdam-Hermannswerder für reichlich eine Woche etwa 70 Laienmusiker, um durch intensive Proben ein Konzert in sinfonischer Besetzung zu erarbeiten und an vier oder fünf aufeinanderfolgenden Tagen in Potsdam und Umgebung (meist in Kirchen) aufzuführen. Es sind im wahrsten Sinne des Wortes begeisterte Musikliebhaber, also Laien mit Orchestererfahrung, die einen Teil ihres Urlaubs oder ihrer Ferien opfern, um nach wochenlangen Üben am Heimatort nun das gemeinsame Zusammenspiel zu proben und schließlich ein konzertreifes Werk zustande zu bringen, das sowohl die Zuhörer als auch die Beteiligten erfreut.
Zu Beginn der 70er Jahre war es der Kirchenmusiker Dietrich Schönherr, der zunächst eine kleine Schar Begeisterter zum gemeinsamen Musizieren um sich sammelte. Frei von staatlicher Indoktrination und Kontrolle konnte das nur in kirchlichen Einrichtungen wie Pfarrhäusern oder evangelischen Ausbildungseinrichtungen in Form einer Rüstzeit geschehen. Jedes Jahr an einem anderen Ort. Dank der Begeisterungsfähigkeit der Mitwirkenden und des Dirigenten entstand daraus ein festes Projekt. Nachdem Dietrich Schönherr 1981 in der Kirche auf Potsdam-Hermannswerder die Kantorenstelle und im kirchlichen Oberseminar eine Dozentenstelle übernahm, fanden die Musiker auf Hermannswerder eine ständige Heimstatt. Daraus leitet sich auch der Name „Potsdamer Orchesterwoche“ ab. Das evangelische Gymnasium stellte kostenfreie Proberäume zur Verfügung, und die Unterkunft im zugehörigen Internat erfolgte zu günstigen Konditionen. Nach der Wende mussten neue Strukturen geschaffen werden. Die Potsdamer Orchesterwoche wurde als Verein gegründet. Die Hoffbauer-Stiftung diente nunmehr als Gastgeber.
Mit der neuen Wirkungsstätte Potsdam-Hermannswerder erfolgte gleichzeitig ein Erweiterung des Orchesters zur sinfonischen Besetzung, die es schrittweise erlaubte, auch romantische und zeitgenössische Werke zu erarbeiten. Die Werkauswahl bewegt sich im üblichen für qualifizierte Laienmusiker noch machbaren Rahmen. Aber auch zeitgenössische Musik wie z. B. vom ungarischen Komponisten Ferenc Farkas, dem Berliner Komponisten Walter Thomas Heyn und dem Potsdamer Komponisten Gisbert Näther – von dem mehrere Stücke mit beachtlichen Erfolg zur Uraufführung kamen – kommt zu ihren Recht. Mit den Chören des Gymnasiums gelangen bemerkenswerte Aufführungen wie z. B. „Die Schöpfung“ von Haydn, „Messias“ von Händel, Requiem von Mozart und Fauré, Johannespassion und Weihnachtsoratorium.
Zu einem festen Stamm von rund 40 Teilnehmern kommen immer wieder neue. Manche kommen nur einmal, einige kommen immer wieder. Sie fühlen sich – neben der Mühe und Freude am gemeinsamen Musizieren – von einem durch harmonische und gegenseitige Achtung getragenen Miteinander für acht Tage in einer schönen Umgebung angezogen. Sie kommen nicht nur aus Potsdam und Berlin, sondern auch von weit her – u.a. aus Dresden, Chemnitz, Weimar, Görlitz, Sonneberg, Greifswald, und in zunehmendem Maße aus Hamburg, Bonn, Köln, Marburg, Düsseldorf, aus den Niederlanden und der Schweiz.
Seit dem Beitritt zum Bundesverband Deutscher Liebhaberorchester (BDLO) im Jahr 2001 gehört die Potsdamer Orchesterwoche auch organisatorisch zur großen Gemeinde der Liebhaberorchester.
Die Potsdamer Orchesterwoche wurde wesentlich durch ihren musikalischen Leiter Dietrich Schönherr geprägt. Er verstand es immer wieder, junge Solisten für die sommerlichen Konzerte zu gewinnen. Im Jahr 2012 hat er den Taktstock an seinen Nachfolger übergeben. Matthias Salge versteht es, mit pädagogischem Geschick die Musiker bis an ihre Leistungsgrenze zu führen und so einen Klangkörper hoher musikalischen Qualität zu formen.